In 6 Monaten besser reden mit deinem Kind – Anleitung für eine wertschätzende Kommunikation

Anleitung besser reden mit Kind

Immer wieder werde ich gefragt, wie klare und gleichzeitig wertschätzende Gesprächsführung mit Kindern gelingen kann. Eines ist klar: Mit deinem Kind besser zu reden ist ein Prozess, der Zeit, Geduld und Übung bedarf. Deswegen heißt es auch Kommunikations“training“.

Ich habe lange überlegt, ob und wie ich eine Anleitung für Eltern von Kindern mit einer Entwicklungsverzögerung, Behinderung oder Verhaltensauffälligkeit schreiben soll. Im Sinne der Inklusion habe ich mich dafür entschieden, diese Kommunikations-Anleitung für alle Eltern von allen Kindern zu schreiben. Wer bestimmt schon, was zu welchem Zeitpunkt „normal“ ist?

Die Kommunikation mit deinem Kind beginnt bei dir, du trägst die Verantwortung dafür. Daher halte ich es für grundlegend, deine eigene Sprache zu reflektieren sowie deine Haltung und deine Werte in den Blick zu nehmen. Ich gebe dir für jeden Monat sprachliche Tipps und einen Reminder zum Thema „Vorbild sein“.

#1. Monat: Wertschätzende Kommunikation mit deinem Kind

1. Deine Basis: Dankbarkeit

Wahrscheinlich hast du schon mal davon gehört, dass es nützlich sein kann, täglich aufzuschreiben, wofür du dankbar bist. Das ist richtig: Dankbare Menschen jammern weniger, schlafen besser, sind optimistischer und verspüren mehr Lebensfreude (hier ist ein Spiegel-Artikel, der darüber berichtet). Beginne also damit, jeden Tag drei (oder schaffst du fünf?) Dinge aufzuschreiben, wofür du im Zusammenhang mit deinem Kind dankbar bist:

  • Was ist heute gut gelaufen?
  • Worüber hast du dich gefreut?
  • Worauf warst du stolz?

Dankbarkeit ist für mich eine innere Haltung und nicht an Bedingungen geknüpft. Sie zählt zu meinen wichtigsten Werten.

2. Reflexion als Basis, um besser mit deinem Kind zu reden

Jetzt geht es ans Eingemachte. Um etwas weiterzuentwickeln, braucht es erstmal einen Ausgangspunkt. Finde heraus, wo du heute mit deiner Kommunikation mit deinem Kind stehst.

Mein Newsletter „Sprachnachrichten“ macht es dir leicht, dranzubleiben. Die regelmäßigen Impulse und Links zu meinen Blog-Artikeln sind ein wertvoller Input für deine Reflexion.

Und falls du dir Vorwürfe machst, dass es bisher nicht so optimal gelaufen ist oder einfach anders, als du dir das gewünscht hättest: Hier ist mein Artikel zum Thema „Ich habe versagt, wenn mein Kind schlecht entwickelt ist.“ – Stimmt das wirklich?


3. Du bist Vorbild: Danke deinem Kind!

Ich danke jemandem für eine Überraschung, für eine Hilfe, für ein Geschenk, für eine zügige Antwort, für eine kleine Aufmerksamkeit, für ein freundliches Wort. Das sind alles Situationen, in denen ich froh und zufrieden bin, fröhlich und guter Stimmung.

In einer solchen Gefühlslage wird es dir leicht gelingen, den Kontakt zu deinem Kind herzustellen, eure Beziehung zu pflegen, Bindung zu schaffen. Hier gibt es noch mehr Tipps zum Thema Bindung und Kommunikation.

Heike Brandl - Bindung und Sprache

Ich danke dir“, ist ein Satz, mit dem wir uns dem Gesprächspartner ganz zuwenden, ihm unsere volle Aufmerksamkeit schenken. Er bedeutet weit mehr als das kurze „danke“ im Vorbeigehen. Damit zeigen wir dem Kind unsere Wertschätzung. Das liegt an den persönlichen Fürwörtern „ich“ und „dir“. Sie schaffen die Verbindung zwischen uns. Und wir sind dem Kind ein gutes Beispiel. Sprache steckt an.

Für ein freundliches, hilfsbereites Verhalten ist kein Lob, sondern ein Dank sinnvoll, z.B. „Ich danke dir, dass du den Tisch gedeckt hast. So können wir gleich mit dem Essen beginnen.“

#2. Monat: Wertschätzende Kommunikation mit deinem Kind

1. Deine Basis: Empathie

Empathie wird auch Einfühlungsvermögen oder Feinfühligkeit genannt. Empathie bezeichnet das Interesse und die Fähigkeit, Gedanken, Emotionen, Absichten und Persönlichkeitsmerkmale eines anderen zu erkennen und zu verstehen. Zur Empathie gehört auch die eigene Reaktion auf die Gefühle Anderer wie zum Beispiel Mitleid, Trauer, Schmerz oder das „Hilfe geben wollen“.

Wie ist es um deine Empathie bestellt? Wie siehst du dich in der Lage, die Signale deines Kindes wahrzunehmen, richtig zu interpretieren und prompt und angemessen darauf zu reagieren? Gelingt es dir, deinen Verhaltensausdruck auf das Kind abzustimmen? Befasse dich mit den ausführlichen Fragen im Workbook dazu und beobachte dich selbst ehrlich.

2. Was Präsenz bewirkt, wenn du besser mit deinem Kind reden willst

Falls du nun bemerkt hast, dass deine Feinfühligkeit noch nicht so gut ausgeprägt ist, kann dir die Präsenz vielleicht den richtigen Weg weisen. Ich beobachte Eltern häufig beim Multitasking: Da wird gleichzeitig telefoniert und dem Kind die Schuhe angezogen, aus dem Bad gerufen, was das Kind im Kinderzimmer tun soll, beim Spaziergang die Social-Media-Kanäle gecheckt.

Präsenz kannst du von deinem Kind lernen: Es ist weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft orientiert, sondern lebt ganz im Augenblick. Es spielt hier und jetzt. Und wenn es über den Besuch bei Oma am kommenden Wochenende nachdenkt, dann denkt es nach und hält mit dem Tun inne. Kaum ein Kind kann dir gleichzeitig eine sinnvolle Antwort auf deine Frage nach dem letzten Kita-Ausflug geben, wenn es gerade vertieft spielt.

Was bedeutet also Präsenz für dich? Lass dich ein auf den Moment so oft es geht! Du wirst deine Beziehung zum Kind dadurch enorm stärken können.

3. Du bist Vorbild: Stell Kontakt her!

Hierfür gibt es die 3A. Die drei A stehen für

  • Ansprechen mit dem Namen
  • Anschauen und für
  • einen kurzen Atemzug Pause, bevor du weitersprichst.

Die 3 A bewirken eine wertschätzende und wirksame Kontaktaufnahme, bei der beide Gesprächspartner mit ihrer vollen Aufmerksamkeit dabei sind, präsent sind! Etwas ausführlicher erläutere ich dir die 3A in diesen Artikeln: 3A – In 3 Schritten mehr Aufmerksamkeit erreichen und „Wie erreiche ich mehr Aufmerksamkeit bei meinem Kind?“


#3. Monat: Wertschätzende Kommunikation mit deinem Kind

1. Deine Basis: Beharrlichkeit

Hier geht es mir nicht darum, stur auf etwas zu bestehen. Vielmehr geht es darum, das langfristige Ziel konsequent im Blick zu behalten und methodisch daraufhin zu arbeiten. Es geht um Ausdauer und Durchhaltevermögen: Wenn du etwas Neues probierst, wird es wahrscheinlich nicht beim ersten Mal gelingen. Vielleicht gelingt es auch ein-, zweimal und dann wieder einige Male nicht. Bleib dran!

Erinnere dich: Wie hast du Englisch gelernt, ein Instrument zu spielen oder Kochen? War das vom ersten Versuch an fehlerlos? Sicher nicht, braucht es auch nicht. Du lernst ja auch aus den Fehlern. Da gab es Hürden und Herausforderungen, schwierige Grammatik oder ein Auftritt. So ist es auch in der Gesprächsführung mit Kindern.

Wähle also eine bestimmte Situation täglich aus, für die du dir eine wertschätzende Gesprächsführung mit deinem Kind vornimmst. Nimm eine Situation, bei der es dir voraussichtlich leicht gelingen wird, wo du keinen Zeitdruck hast und du bewusst ins Gespräch gehen kannst. So wirst du dir erste Erfolgserlebnisse verschaffen und deine Motivation stärken. Und dann nimm eine zweite Situation dazu und übe, mit deinem Kind besser zu reden.

2. Klarheit hilft, um besser mit deinem Kind zu reden

Weiter geht es mit der Reflexion. Schau dir nun deine eigene Sprache in Bezug auf Klarheit an. Hör dir selbst zu und bitte auch eine Vertrauensperson, mit auf deine Sprache zu achten. Sind deine Sätze eindeutig und verständlich für dein Kind? Hier geht es nicht darum, möglichst einfach zu sprechen. Vielmehr geht es um gehirngerechte Gesprächsführung:

Ein zweijähriges Kind wird dir kaum begründen können, warum es etwas gemacht hat. Daher kannst du dir die Frage an der Stelle sparen. Mit drei Jahren hat dein Kind noch keinen so differenzierten Wortschatz, dass es seinen Frust über etwas in passende Worte fassen kann. Und es hat auch nicht die Fähigkeit zur Selbstregulation. Deshalb haut es vielleicht. Ein vierjähriges Kind hat noch keine Vorstellung davon, wie lange es bis zum nächsten Geburtstag dauert.

Und allesamt sind irritiert, wenn du Sätze wie diese formulierst:

  • „Nicht durch die Pfütze rennen!“
  • „Pass auf, dass das Glas nicht umfällt!“
  • „Vor dem Essen darfst du keine Schokolade haben.“
  • „Ständig machst du die Buchseiten kaputt!“

Bei jedem Satz erzeugst du ein Bild im Kopf des Kindes. Das Bild im ersten Satz hier ist das „durch die Pfütze rennen“. Denn: Wörter wie „nicht“ und „keine“ erzeugen keine Bilder. Sie kommen im Gehirn nur auf Umwegen an. Sicher kennst du das Beispiel „Denk jetzt nicht an einen rosa Elefanten!“ Na, woran hast du gedacht?

3. Du bist Vorbild: Formuliere eindeutig!

Mach es deinem Kind also leicht. Formuliere klare, eindeutige Sätze und lass die Verneinungen darin weg. So geht besser reden mit deinem Kind: Sag deinem Kind, was es stattdessen tun soll!

  • „Lauf über die Wiese an den Pfützen vorbei!“
  • „Halte dein Glas gut fest. – Schiebe dein Glas weiter in die Tischmitte!“
  • „Wir werden gleich Mittagessen. Danach darfst du einen Riegel Schokolade haben.“
  • „Gib gut Acht auf die Buchseiten. Blättere langsam/sachte/vorsichtig um!“

Meistens gibt es verschiedene, situationsabhängige Möglichkeiten. Überlege gemeinsam mit deinem Partner oder deiner Partnerin, wie ihr formulieren könnt. Es macht auch nichts, wenn du erst den Satz mit der Verneinung sagst und es dann merkst. Dann schiebe noch einen zweiten Satz nach:

„Nicht mit dem Bagger werfen! Stell den Bagger wieder hin. Mit dem Bagger kannst du ein Loch graben!“

Es erfordert einiges Training, aus dem gewohnten Sprechen mit den Verneinungen herauszufinden. Hab Geduld mit dir selbst und freue dich über jedes Mal, wenn es dir gelingt.

#4. Monat: Wertschätzende Kommunikation mit deinem Kind

1. Deine Basis: Zuversicht

Hier geht es nicht um „Alles wird gut!“ Das ist mir zu schlicht und zu pauschal. Zuversicht ist jedoch eine Grundhaltung, die sich auch lernen lässt. Dazu gehört dein Umfeld: Wer kann dich stärken? Wer verbreitet selbst Optimismus? Wer hat oft eine Idee oder Lösung für ein Problem?

Ebenso gehören deine eigenen Erfahrungen dazu. Erinnere dich: Was hast du schon alles gelernt, geschafft, überwunden, bewältigt und geleistet? Was ist dir bereits alles gelungen? Schreibe eine Liste! Und wenn du einen wirklich miesen Tag hast, dann schau dir diese Liste an! Das wird dein Selbstvertrauen stärken und damit deine Zuversicht.

2. Wertschätzung: Eine gute Grundlage, um besser mit deinem Kind zu reden

Schau in diesem Monat deine Sprache in Bezug auf Wertschätzung an! Wie sprichst du mit anderen? Reflektiere: Willst du selbst so angesprochen werden? Wie würdest du dich dann fühlen?

Achte auf deine Lautstärke und deinen Tonfall. Sprich vor allem den Namen deines Kindes so gut es geht freundlich und wohlwollend aus. Ein scharfer Ton beim Namen signalisiert deinem Kind die Missbilligung seiner Person. Dabei geht es dir doch um die Verhaltensweise, die du missbilligst. Mit so einem „Herunterputzen“ erzeugst du nur Widerstand.

Spüre nach, was es für dein Kind bedeutet, wenn es seinen Namen zig-Mal am Tag missbilligend hört. Wie ginge es dir damit? Und wie wolltest du deinen Namen gern hören?

Willst du wissen, was alles Wertschätzung ist? Wie kannst du sie in der Familie ausdrücken? Hier geht es zum Glossar: Wertschätzung.


3. Du bist Vorbild: Lobe sinnvoll!

Wie kannst du also Wertschätzung formulieren? Kennst du schon meine 10 Tipps, um sinnvoll zu loben? Hier sind sie kurz aufgezählt:

  • Reduziere die pauschalen Lob-Wörter
  • Beschreibe, was du beobachtest
  • Wende dich deinem Kind zu
  • Suche den Blickkontakt
  • Schenke deinem Kind ein Lächeln
  • Stelle eine offene Frage
  • Traue deinem Kind erreichbare Aufgaben zu
  • Zeige deinem Kind auf, welche Auswirkungen sein Handeln auf andere hat
  • Danke deinem Kind
  • Verzichte auf Bewertungen

Wesentlich ausführlicher, mit vielen Tipps und Beispielen, findest du hier in diesem PDF eine Anleitung: Wertschätzen statt loben leicht gemacht. Mit der Anmeldung zu Newsletter „Sprachnachrichten“ kannst du dir das PDF herunterladen.

Nimm dir wieder einen Monat Zeit zum Üben.

#5. Monat: Wertschätzende Kommunikation mit deinem Kind

1. Deine Basis: Nachhaltigkeit

Den Begriff Nachhaltigkeit meine ich hier im doppelten Sinne. Zum einen geht es um Ressourcen, um deine Ressourcen. Wo kannst du dir Zeit und Raum zum Kraft tanken, für Pausen und Energie schöpfen schaffen? Du kannst Liebe, Wertschätzung und Unterstützung nur geben, wenn dein eigenes seelisches Gleichgewicht einigermaßen stabil ist. Kläre mit deinem Partner oder deiner Partnerin, was für wen wann möglich ist.

Zum anderen geht es um langfristiges Denken und Handeln. Bevor du eine Konsequenz ankündigst, prüfe, ob du sie tatsächlich umsetzen kannst und willst. Bevor du einem Betteln nachgibst, überlege, was die Folgen für dich, das Kind selbst oder weitere betroffene Personen sind. Willst du, dass dein Kind mit 13 Jahren auch noch mit sich reden lässt, dann sorge jetzt dafür, dass du gehört wirst.

2. Das LINGVA ETERNA Kommunikationsmodell: Eine Struktur, um besser mit deinem Kind zu reden

Jetzt ist es an der Zeit, deine gesamte Kommunikation, deine Gesprächsführung zu betrachten. Was passiert, wenn du ins Kinderzimmer kommst und fragst „Wie sieht es denn hier aus?“ Wahrscheinlich fühlt sich dein Kind in seinem Spieleifer wohl und du wirst außer einem fragenden Blick keine Reaktion bekommen. Hast du ernsthaft erwartet, dass dein Kind aufspringt und ruft: „Stimmt, das reinste Chaos, liebe Mama, ich sehe, dass du das nicht ertragen kannst und räume sofort alles auf.“

Mithilfe der fünf Schritte des Lingva Eterna Kommunikationsmodells, nämlich Intention (Absicht), Ansprache, Rahmen, Diskurs (hin- und hergehendes Gespräch) und Abschluss wirst du in deiner Gesprächsführung immer klarer und wertschätzender werden.

Ich lege dir dazu einen meiner wichtigsten Artikel ans Herz: Was ist das Lingva Eterna Kommunikationsmodell? Darin erfährst du, anhand praktischer Beispiele, wie seine Anwendung aussieht und was passiert, wenn du einzelne Schritte vergisst.


3. Du bist Vorbild: Wähle die richtige Satzart!

Ja, ich weiß, Satzbau und Grammatik klingt nicht besonders spannend. Doch: Du bist eben nicht nur Erziehungsberechtigte:r, du bist immer auch Vorbild. Egal, ob du gerade daran denkst, oder nicht. Kinder lernen immer am Beispiel anderer und ganz besonders viel lernen sie von den Menschen, die sie lieben.

Um beim Beispiel von oben zu bleiben: Bevor du ins Zimmer deines Kindes gehst, halte kurz inne und frage dich, was deine Absicht ist.

  • Willst du deinem Kind signalisieren, dass du das Chaos nicht in Ordnung findest, dann kannst du es ohne Vorwürfe so sagen: „Lisa, der ganze Boden liegt voll Spielzeug und vieles ist durcheinander. Heute Abend will ich staubsaugen. Lass uns nach dem Kindergarten gemeinsam aufräumen.“ (Aussagesatz)
  • Stelle Fragen dann, wenn du wirklich etwas wissen willst (und bereit bist – die Antwort zu akzeptieren!) oder dein Kind zum Nachdenken anregen willst. „Lisa, willst du den blauen oder den grünen Pulli anziehen?“ (Fragesatz)
  • Willst du dein Kind holen, um rechtzeitig in den Kindergarten zu kommen? Dann kann es nach dem Kommunikationsmodell so gehen: „Lisa, in zehn Minuten will ich losgehen. Du darfst dein Puzzle liegen lassen und heute Nachmittag weiter machen. Bitte komm jetzt zum Zähneputzen!“ (Aufforderungssatz)

Noch mehr Tipps zur Anwendung des LINGVA ETERNA Kommunikationsmodells, um besser mit deinem Kind zu reden, findest du hier: Mein Kind hört nicht auf mich – 5 Tipps, wie das garantiert so bleibt


#6. Monat: Wertschätzende Kommunikation mit deinem Kind

1. Deine Basis: Gelassenheit

Ich kann mir vorstellen, dass du nach einem hektischen Arbeitstag oder einer Fahrt im überfüllten Bus nicht gerade die Ruhe in Person bist, wenn du dein Kind abholst oder es nach Hause kommt. Gleichzeitig bitte ich dich eines zu bedenken: Auch dein Kind hatte einen lauten, durchgetakteten Arbeitstag in Kita oder Schule mit vielen Menschen. Auch von deinem Kind wurde den ganzen Tag gefordert, rücksichtsvoll zu sein, aufzupassen, sich mehr anzustrengen, verlieren zu können und vieles mehr.

Was wird passieren, wenn ihr also beide überreizt und gestresst aufeinander trefft? Vielleicht genervtes Meckern und Schimpfen, Taschen hinknallen und Türen werfen, oder eher Rückzug und beim Essen schweigend in sich reinschaufeln?

Überlege dir in diesem Monat, wo du kleine Atempausen für dich einbauen kannst. Finde Inseln, um Energie zu tanken und mit mehr Gelassenheit deinem Kind zu begegnen. Steige zum Beispiel eine Station früher als üblich aus dem Bus und laufe den letzten Kilometer. Suche bewusst den Blick ins Grüne und atme tief. Der Blick in die Natur senkt nachweislich deinen Stresspegel.

2. Umgang mit Herausforderungen: Besser reden mit deinem Kind bedeutet immer Reflexion

Ganz bewusst habe ich dieses Kapitel erst gegen Ende eingebaut. Auch beim Lernen eines Instruments wirst du kaum im ersten oder zweiten Monat schon an ein Vorspielen vor Publikum denken. Doch inzwischen hast du schon viel über deine Kommunikation gelernt, geübt und reflektiert. Schau dir jetzt die etwas schwierigeren Situationen an.

Und beginne wieder bei dir selbst! Bist du schnell am Kritisieren, Maßregeln, Schimpfen, Lästern, Meckern, Herunterputzen oder Rüffeln? Bitte eine Vertrauensperson, dir zu sagen, ob du häufig belehrend wirkst.

Überlege: Wie würde das auf dich selbst wirken? Willst du so von deiner Partnerin, deinem Vater oder deiner Kollegin angesprochen werden? Ist deine Kritik oder deine Aufforderung noch wertschätzend oder ist sie eher abwertend, unfair oder demonstrierst du einfach deine Macht als erwachsener Mensch? Puh, ich weiß, hier geht es ganz grundlegend um deine Haltung.

3. Du bist Vorbild: Nimm den Druck raus!

Zum guten Schluss habe ich noch etwas Leichtes für dich. Herausfordernde Situationen entstehen oft, wenn du zu viel Druck erzeugst. In der Sprache entsteht Druck durch zwei Wörter, die wir in unserem Alltag viel zu oft benutzen: Es sind die Wörter „müssen“ und „schnell“. Wie oft sagst du solche Sätze?

  • „Ich muss noch schnell zum Einkaufen.“
  • „Ich schreibe noch schnell die E-Mail fertig.“
  • „Ich bringe noch schnell die Kinder ins Bett.“
  • „Du musst dich jetzt mal beeilen.“

Natürlich entsteht durch einen einzelnen Satz noch kein großer Druck. Vielmehr ist es einerseits die Summe der „schnell“ über den ganzen Tag, die die Hektik erzeugt. Zum anderen ist es das „müssen“, das dein Kind zum Widerstand provoziert. Sei ehrlich: Bist du begeistert, wenn dir jemand sagt, was du jetzt tun musst?

Das „schnell“ kannst du in den allermeisten Fällen einfach weglassen. Bringe die Kinder ins Bett, ruhig und gelassen. Dann wird es eher gelingen, als wenn du das schnell machen willst.

Achtung: Viele Leute meinen, es sei sinnvoll „müssen“ durch „dürfen zu ersetzen. Das wird dann manchmal merkwürdig („Ich darf noch zum Einkaufen.“). Oft kannst du es auch weglassen und sagen „Ich gehe jetzt zum Einkaufen.“ oder „Lisa, wir sind spät dran. Beeile dich bitte!“ (Aufforderungssatz)


Wir überschätzen, wie viel wir in sechs Tagen schaffen können, doch wir unterschätzen, wie viel wir in sechs Monaten schaffen können. Glaub mir, wenn du dir Monat für Monat meine Themen vornimmst, wird deine Kommunikation mit deinem Kind eine neue Stufe erreichen.
Heike Brandl

Bist du ins Schwitzen gekommen, bei der Fülle meiner Ideen für dich? Hast du das Gefühl, das allein nicht zu bewältigen? Wünschst du dir Begleitung in deinen persönlichen Herausforderungen?

Heike Brandl - Besser reden mit deinem Kind

Veröffentlicht am
Kategorisiert in Eltern, Kita

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