Beziehungsaufbau in der Heilpädagogik

Beziehungsaufbau in der Heilpädagogik

Ob in der Frühförderung in meiner Praxis oder im Rahmen der Einzelintegration in der Kita – der Aufbau einer tragfähigen Beziehung hat in der Heilpädagogik erste Priorität. Eine stabile Beziehung bildet die Grundlage zum Lernen und ermöglicht dadurch erst die Entwicklungsförderung – gleich ob im sprachlichen, sozialen oder kognitiven Bereich. Diese Schritte und Aspekte berücksichtige ich zum Beziehungsaufbau in der Heilpädagogik:

Kennenlernen

Egal ob ich das Kind vom Sehen her kenne, mir Eltern oder Erzieher:innen schon einiges erzählt haben: Ich lerne das Kind kennen, indem ich Zeit mit ihm verbringe, seine Interessen und Vorlieben herausfinde und mit ihm spiele. Ich beobachte und warte ab, ob das Kind selbst Kontakt aufnimmt, halte zunächst Abstand und verringere diesen erst, wenn mir das Kind dazu Signale gibt – mit mir spricht, mir etwas gibt oder selbst näher rückt. Dabei zeige ich auch auf unterschiedliche Art und Weise Interesse an dem, was das Kind sagt und tut.

Beispiel

Das Kind hält eine Nuss in der Hand. Ich frage: „Woher kommt denn die Nuss in deiner Hand?“

Empathie zeigen

Ich versetze mich in die Lage des Kindes, um seine Gefühle und Gedanken zu verstehen. Bewältigt das Kind Herausforderungen, zeige ich Mitgefühl und Empathie. Das wiederum dient dem Beziehungsaufbau in der Heilpädagogik.

Beispiel

„Boah, du hast heute schon ganz viel Geduld gebraucht. Du wolltest so gern beim Äpfel schneiden helfen und warst immer noch nicht an der Reihe.“
Kind, Zeigefinger zeigend, geht in Kontakt

Vertrauensbildung

Vertrauen ist ein grundlegendes Element jeder Beziehung. Ich gewinne das Vertrauen des Kindes, indem ich meine Versprechen einhalte, zuverlässig bin und einfühlsam auf seine Bedürfnisse reagiere.

Beispiel

Das Kind wollte erst mit mir in der Hand laufen, dann doch nicht. Ich kommentiere: „Ich glaube, du magst mich erst besser kennenlernen. Wollen wir einfach nebeneinander laufen?“

Sicherheit bieten

Sicherheit ist eines der grundlegenden psychischen Bedürfnisse des Menschen. Nur mit Sicherheit kann es gelingen, eine Beziehung aufzubauen. Zunächst begleite ich das Kind daher in seiner vertrauten Umgebung, dem Gruppenraum oder Garten. In der Frühförderung lasse ich Eltern zunächst teilhaben. Für Kleingruppenarbeiten schaffe ich eine unterstützende und strukturierte Umgebung, in der sich das Kind frei entfalten kann.

Kommunikation

Ich spreche mit dem Kind auf eine Art und Weise, die seinem Alter und Fähigkeiten entspricht. Dazu gehört es, aktiv zuzuhören, offene Fragen zu stellen und damit das Kind zu ermutigen, sich auszudrücken. Spricht das Kind selbst noch nicht oder nur wenig, unterstütze ich mit Gebärden. Ergänzend setzen wir je nach Bedarf noch Symbole, Tagespläne oder IPAD zur unterstützten Kommunikation ein.

Ein besonderer Schwerpunkt liegt in der alltagsintegrierten Sprachförderung.

Beispiel

Zeigt mir das Kind mit der Nuss den besagten Nussbaum, mit „Da!“, antworte ich, „Ah ja, von diesem Baum ist die Nuss.“

Gemeinsame Aktivitäten

Spielen, spielen, spielen. In der Regel setze ich mich erstmal dazu, beobachte und finde zügig einen Einstieg ins Spiel. Egal ob das Kind baut, puzzelt, einen Teddy im Arm hält oder im Sand spielt – einen Gesprächsaufhänger finde ich immer. Daraus entwickeln sich meist gemeinsame Aktivitäten, die ich je nach Förderbedarf moderiere, begleite und weiterentwickle. So lernen wir uns kennen, das Vertrauen wächst und die Beziehung gedeiht.

Grenzen und Regeln

Regeln brauchen wir nur wenige:

  • „Nein“ heißt „nein“. Das gilt für alle.
  • Wir gehen freundlich miteinander um (ohne einander weh zu tun).
  • Wir gehen achtsam mit allem um.

Alles andere können wir miteinander in einer Situation absprechen und anhand der persönlichen Grenzen zeigen. So gebe ich Kindern Führung, Sicherheit, Orientierung und Struktur.

Beispiel

„Weißt du, ich habe mir gestern den Fuß verstaucht. Daher kann ich heute nicht mit dir Fangen spielen. Hast du eine andere Idee?“

Wertschätzung

Lob oder positive Verstärkung versuche ich durch Wertschätzung zu ersetzen. Wertschätzung kann das Selbstwertgefühl und die Motivation des Kindes stärken und die Beziehung stabilisieren.

Hier sind zwei Artikel, in denen du weiterlesen kannst:

Geduld

Manchmal braucht es viel Geduld, bis eine Beziehung aufgebaut ist. Je nach Temperament, Vorerfahrungen und auch deiner Unterstützung als Eltern ist das Kind früher oder später bereit, Vertrauen zu entwickeln und sich mit mir sicher zu fühlen. Viele Kinder testen auch erst nach einiger Zeit, ob ich wirklich verlässlich bin oder mich selbst an meine Regeln halte. Ich gebe dem Kind die Zeit, die es braucht.

Abschiednehmen wird oft vernachlässigt. Hier erfährst du mehr.

Eltern einbeziehen

Die Zusammenarbeit mit den Eltern des Kindes ist ebenfalls entscheidend. Gerade am Anfang ist es mir wichtig, mich mit den Eltern auszutauschen. So können sie sich sicher fühlen, dass das Kind bei mir in guten Händen ist. Dies wiederum wird das Kind spüren und selbst Vertrauen entwickeln. Im Gespräch zu bleiben über aktuelle Entwicklungen oder Ereignisse ist bedeutsam, um in der heilpädagogischen Beziehung die Bedürfnisse des Kindes zu erkennen und darauf eingehen zu können.

Beobachtung und Anpassung

Jedes Kind ist einzigartig. Daher ist es wichtig, flexibel zu sein und meine Herangehensweise an den Aufbau der Beziehung entsprechend anzupassen. Durch einen einfühlsamen und respektvollen Beziehungsaufbau kann ich das Vertrauen des Kindes gewinnen und eine unterstützende Grundlage für seine Entwicklung schaffen.

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